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Vom inneren Schweinhund – und warum ich mir manchmal einen Freund miete

Ständig höre ich: „Wie, du hast Psoriasis?“ Ich antworte dann: „Klar, und ich kann mit ihr alles erreichen.“ Dann schauen mich alle immer ungläubig an. Leistungssportler und Schuppenflechte – das kriegen viele nicht zusammen. Dabei kann die Krankheit jeden erwischen. Ich habe Psoriasis schon seit über 20 Jahren, inzwischen leben wir gut miteinander. Das war nicht immer so. Wenn ich Fotos aus meiner Jugend sehe, kommen heftige Gefühle hoch. Vorn Sixpack, hinten Plaques. Es gibt keine Worte dafür, wie sehr ich die hässlichen roten Flecken gehasst habe.

Julius Brink sitzt auf einer Bank am Bahnsteig und schaut in die Kamera
Novartis

Die Sticheleien machten mich fertig

kamen beim Volleyballtraining dumme Sprüche: „Ist das ansteckend?“ Oder: „Eklig! Geh mal lieber allein duschen.“ Wer in solchen Momenten Schwäche zeigt, hat verloren. Deshalb mimte ich immer den Coolen und habe natürlich auch meinem Hautarzt nicht erzählt, wie fertig mich die Sticheleien machten.

Geholfen hat mir die Macho-Masche nicht. Im Gegenteil. Meine Haut wurde immer schlimmer. Heute weiß ich, dass Stress der Schuppenflechte Feuer gibt. Und Stress hatte ich in der Pubertät ständig: im Team, mit den Eltern, mit Freunden, mit Lehrern. Zum Glück war immer einer da, der mich aufgefangen hat. Meine Mutter lag mir ständig in den Ohren, dass ich keinen Hautarzttermin schwänzte. Zu Recht, wie ich heute weiß. Mit meinem Patenonkel konnte ich über die Schuppenflechte reden. Der hat sie nämlich auch.

Teersalben stanken nach Schwefel

Leben und lernen. Heute bin ich mit meinem Hautarzt per Du. Wenn ein Schub kommt, erzähle ich ihm, was bei mir los war: zu wenig Schlaf, zu wenig Sport, Ärger mit Freunden, vielleicht ein Gläschen zu viel auf einer Party. Auslöser gibt es viele. Es tut mir gut, offen zu reden. Und ich finde es ganz wichtig, auch über Medikamente auf dem neuesten Stand zu sein. Die waren in meiner Jugend noch gruselig. Ich musste mir ekelhafte Teersalben auf die Haut und den Kopf schmieren. Die stinken nach Schwefel. Klar kassierte ich wieder Sprüche. Auch Urin sollte helfen. Neben Teersalben gibt es auch andere topische Therapien, die Lichttherapie und die Systemtherapien. Diese hemmen Botenstoffe im Immunsystem und sorgen dafür, dass sich Entzündungen zurückziehen oder gar nicht erst entstehen. Allerdings nur, wenn man sich keine Durchhänger leistet.

Plötzlich schluderte ich beim Sport

Durchhalten. Aushalten. Dranbleiben. Als ich für Olympia trainierte, war Disziplin für mich kein Thema. Ich wollte unbedingt Gold gewinnen, also habe ich mich strikt an den Trainingsplan gehalten, Ausflüchte gab es nicht, nie. Nach der Karriere wollte ich mich dann mehr um meine Gesundheit kümmern. Und was passierte, als es so weit war?  Ich konnte mich nicht mehr zum Sport aufraffen, verschob plötzlich Termine. Auf morgen, übermorgen und immer weiter so. Ich weiß nicht, warum das so war. Bei meiner Therapie bin ich nicht so nachlässig! Schließlich ist es bei der Therapie wie beim Training. Da muss man auch durchhalten, aushalten und dranbleiben. Und natürlich habe ich Ziele: Ich will möglichst ohne Symptome leben, mit meinen Kindern spielen, rennen und toben. Das klappt nur, wenn ich mich viel bewege und meine Symptome im Griff habe, um keine Psoriasis-Arthritis oder Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes zu riskieren.

Motivationsplan gegen den inneren Schweinehund

Deshalb habe ich mir irgendwann gesagt: Schluss mit dem Schlendrian, du bist Sportler. Und ein Sportler stellt sich seinem Gegner. Doch wer gegen Psoriasis antritt, muss erst einmal seinen inneren Schweinehund an die Kette legen. Bei mir klappte das mit einem Motivationsplan:

  • Ich kann nicht joggen, weil ... Diese Ausrede zieht heute nicht mehr, weil ich mir feste Termine lege, mich zum Beispiel regelmäßig mit einem Bekannten zum Laufen verabrede. Ort und Zeit sind fix. Ich nenne das „Rent a friend“. Bin ich erstmal verabredet, sage ich das Laufen nicht so leichtfertig ab. Das wäre unfair. .
  • Hautarzt passt leider nicht, weil ... Arzttermine haben absoluten Vorrang. Die verschiebe ich nur, wenn kurzfristig etwas wirklich Wichtiges den Kalender durcheinanderbringt. Und wenn ich vor dem Termin bummele, scheucht mich meine Frau aus dem Haus.
  • Ich kann die Kinder nicht in die Kita bringen, weil … Ob es regnet, schneit oder einfach nur kalt ist: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung. Also ziehe ich mich entsprechend an und schwinge mich tapfer aufs Lastenrad. Auf dem Rückweg kaufe ich frisches Gemüse für ein gesundes Mittagessen.

So überwinde ich meinen inneren Schweinehund und lasse nun im Alltag keine faulen Ausreden mehr gelten. Dafür bekomme ich zwar keine Medaille, aber ein gutes Gefühl. Und bin schließlich der Gewinner, weil ich mich nicht unterkriegen lasse.

Im Psoriasis-Webtalk geben Hautarzt Prof. Dr. Michael P. Schön und Julius Brink wertvolle Tipps zum Umgang mit Psoriasis. Hört doch mal rein.